Es blüht im Moor...
- gelaswind
- 5. Mai 2024
- 4 Min. Lesezeit
Unweit von uns befindet sich das Weingartner Moor, ein Naturschutzgebiet mit über 250 qm Fläche im Karlsruher Umland. Hier blüht der Bärlauch im Moment mit tausenden Pflanzen und beim Spazierengehen liegt ein intensiver Knobigeruch in der Luft. Die Sonne schafft wundervolle, hell durchflutete Lichtungen und auf der Seeoberfläche spiegelt sich der blaue Himmel. Bärlauchbutter ist jetzt ein Muss im Kühlschrank.
Es passt trotzdem nicht ganz zu meiner jahrelang gefestigten Vorstellung eines Moores:
Düster, karg und mit zahllosen im Nebel herumgeisternden Moorhexen..... eben etwas gruselig und lebensfeindlich.
Genauso wenig passt mein neues Spiel im Regal MOORLAND von Steffen Bogen, 2023 bei DeepPrint Games erschienen, dazu.
Auf dem Karton dominieren Blau- und Grüntöne. Von einer zentralen Erdscholle fällt torfschwarzes Wasser in Kanälen auf andere Schollen herab, es grünt und blüht überall.
Und trotzdem wirkt die Grafik nicht naturalistisch sondern eher plakativ. Sobald man die Regeln gelesen hat, erkennt man eine sehr gute Darstellung des Spielgeschehens der hauseigenen Grafikerin Annika Heller.
MOORLAND ist kein storylastiges Moorgeschichten-Spiel sondern ein thematisch sehr gut eingebettetes Eurogame im unteren Kennerbereich. Das Thema ist die Renaturierung eines Ökosystems. Individuell entstehen hier in 12 Runden kleine Landschaften und konkurrieren um das beste Gleichgewicht zwischen Landschaft, Tier- und Pflanzenwelt.
Passend zum Label INNATURE hat der Verlag auf Plastik im Karton verzichtet, mit dem Kauf eines Exemplares wird der GlobalNatureFund finanziell beim Schutz von Ökosysteme unterstützt. DeepPrint bleibt sich treu - Dankeschön!
Spielprinzip:
In eine vorgegebene Moorgrundfläche aus 16 Parzellen legen wir Karten, die das Moor mit einem Wasserlauf, dort geforderten Pflanzen und zusätzlich oft einem Tiersymbol und/oder Wasserläufern abbilden.
Die Karten werden jede Runde neu zur Auswahl ausgelegt, darauf ist immer ein schwarzer Wasserlauf und verschiedene Symbole zu sehen.
Wurzelsymbole lassen die Token festwachsen, Kreuze symbolisieren ein Verdorren, der Token geht zurück in die Schachtel. Alle anderen Ressourcen schwemmt der Wasserlauf auf eine noch freie Parzelle
Parallel gibt jede Runde eine Pflanzenkarte die verfügbaren Ressourcenarten zur Wahl. In jeder Partie werden zwei beliebige Karten im Karton gelassen. Schwieriger wird es, wenn dabei so die zwei Jokerkarten ausfallen.
Nun versucht jeder am Tisch auf seiner eigenen Moorfläche einen möglichst langen Wasserlauf mit vielen verschiedenen Tieren, Tierpärchen und verwurzelt Pflanzen zu legen. Dabei darf eine Karte nur ausgelegt werden, wenn die abgebildeten Pflanzen auf der Parzelle liegen. Pflanzen erhält man immer zu Beginn der Runde als Auswahl der aktuellen Pflanzenkarte auf eine beliebige Parzelle und zwar soviel, wie die Parzelle anzeigt. Es gibt 1,2 oder 3 gleiche Pflanzen oder Jokerfelder. 4 Parzellen sind bereits bedruckt und schränken so den Verlauf des Wassers ein.
Generell können 2 Karten am Playerboard gespeichert liegen, müssen aber zum Spielende ausgelegt werden.
Der eigentliche Clou des Spiels ist definitiv das Schwemmen nach dem Auslegen einer Karte. Wie oben beschrieben werden dafür alle Ressourcen von der gerade bebauten Parzelle abgenommen und von hier ausgehend auf dem Wasserlauf solange weitergespült bis eine leere Parzelle erreicht ist. Ausnahmen sind Karten mit X über einer Blüte oder einem Wurzelsymbol.
Kann eine freie Parzelle nicht alle Pflanzen aufnehmen (es gibt immer nur 6 Plätze), landen die Token im Minuspunktelager auf dem Board.
Zu Beginn der Partie möchte man gerne recht viele Ressourcen frei verfügbar haben, spielt man dann aber zu wenige Karten zum Festsetzen oder Entfernen, wird das Schwemmgut schnell zu einem Problem. Natürlich spielt hier auch das Glück eine gewisse Rolle, Pflanzenarten und die ausliegenden Wasserweg müssen sich ergänzen. Da lohnt sich auch ein Blick auf die gegnerischen Bretter, um die richtige Karte auszusuchen.
MOORLAND wirkt auf den ersten Blick unscheinbar, aber auf den zweiten hat es mich gefesselt.
Während im Spielprinzip liebevoll das Thema der Renaturierung verflochten wurde
Pflanzen vertrocknen (Token wird entfernt)
Pflanzen verwurzelt (Token bleibt sitzen) oder schwemmen weiter
Artenvielfalt erhalten (Punkte in der Endabrechnung)
Vermehrung des Tierbestandes (Boni für Tierpaare)
Wechsel der Pflanzen je nach Blütephase (Kartenmechanismus)
Wettstreit der Bewerber (Wasserboni, wenn eine Parzelle das 1. Mal belegt wird) schaffen die Komponenten ein sehr variables Spiel.
Im Aufbau gibt es 4 Bauteile mit jeweils 4 Parzellen. Vorder- und Rückseiten sind unterschiedlich bedruckt, die Form des Aufbaus ist flexibel und wird in der Anleitung mit verschiedenen Möglichkeiten vorgeschlagen. Die Moorkarten werden nie alle benötigt, bei 4 Mitspielenden werden zusätzliche Karten eingemischt.
Knifflig wird das Puzzle, wenn man die Rückseiten der Bauteile nutzt. Hier sind bei den vorgedruckten Parzellen auch 2 mit einem unterbrochenen Wasserweg abgedruckt oder man schafft damit eine Fläche, die nicht angebunden werden kann. Jetzt steigt das Risiko einzelne Token nicht mehr weiterschwemmen zu können, 5 Minuspunkte sind dann zum Ende keine Seltenheit.
Und dann hat man jede Runde die Qual der Wahl, ein Gleichgewicht muss gefunden werden, genau wie in der Natur eben..... Nur so funktioniert ein Ökosystem.
Doch wann ist dieser Moment? Kann ich nach dem Aufdecken der verfügbaren Pflanzen keine Karte mehr legen oder am Board speichern, muss ich eine Karte umgedreht ablegen. Ein Abschnitt ohne Vegetation und Fauna entsteht, ein Straftoken wandert auf mein Playerboard, das Moor bleibt hier tot.
Und diese Playerboards sind vorbildlich gestaltet!!
Annika Heller hat den Rundenablauf, die Schlusswertung und den Bereich für Wasserboni und Pflanzenmali wunderbar grafisch aufgearbeitet, Spielerhilfe und Spielbrett in einer praktischen Tafel vereint.
MOORLAND ist tatsächlich eines der wenigen Spiele, das wir nach wenigen Partien mit einer Hausregel versehen haben. Ursprünglich ist das Nehmen von Pflanzentoken zum Rundenanfang optional, wir haben ihn zwingend verankert. Das macht das Haushalten noch spannender. Wünschen würde ich mir noch ein paar Bauteile mehr für ein längeres Spiel, aber so sind nun eben mindestens zwei Partien hintereinander Pflicht.
Und dann hat MOORLAND für mich noch ein weiteres Problem :
Wo ist der Solomodus???
Schade, dass DeepPrint diese Chance vertan hat.
Hier heisst es deshalb:
Mitspieler:innen gesucht!!!!
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