STARKE FRAUEN IN DER SZENE: Annika Heller
- gelaswind
- 9. Jan.
- 4 Min. Lesezeit
Auf dieses Interview habe ich mich besonders gefreut, war besonders aufgeregt und habe jetzt lange gebraucht, um es hier zu veröffentlichen.
Annika Heller war im vorletzten Jahr mit TRIQUETA und dem keltischen Triskel in der Bretagne unser Urlaubshit, danach schenkte mir ein guter Freund zum Geburtstag MOORLAND. Der eher ungewöhnliche Coverstil hatte mich neugierig gemacht und wie Ihr hier im Blog lesen könnt, mag ich das Spiel unglaublich gerne.
In der Vorbereitung zum Artikel gehörte etwas Recherche zum Pflichtprogramm und es hatte mir imponiert, dass sie einerseits zu Anfang ihrer Zeit bei DEEP PRINT GAMES noch sehr unsicher vor der Kamera war andererseits bereits mit 10 Jahren ein berufliches Lebensziel festgelegt hatte UND immernoch daran arbeitet.
Auf der BerlinCon war ihr Terminplan recht voll aber es war mir eine Freude dieses Gespräch zu führen. Annika gibt mir als ihrem Gesprächspartner ein gutes Gefühl, sie ist aufmerksam, authentisch in ihren Antworten und sehr entspannt obwohl es um uns herum in der Halle laut und voll ist und ihr Messetag sich bereits dem Ende zuneigt.
Dankeschön und herzlich willkommen in meinem virtuellen Spielezimmer ANNIKA HELLER!
Zum Einstieg wie immer
THIS OR THAT:
Fischbrötchen oder Franzbrötchen?
Das war mal die falsche Frage zu Beginn von mir, denn promt kam ein "weder noch" Annika ist fruktoseintollerant und Vegetarier aber etwas frisch gebackenes für's Frühstück sei prima "Ich bin absoluter Frühaufsteher"
Kein Problem, Brötchen kann ich auch :-)
Im Urlaub - Berge oder Meer?
Sofort kam ein entschiedenes "Berge" zurück und genauso klar wurden sofort meine Fragen nach Koop oder kompetitiv
und Euro oder Kampagne beantwortet:
"Definitiv kompetitiv und Euro, das aber gerne farbenfroh und mit Naturthema"
Das Naturthema war eine gute Überleitung zu meiner nächsten Frage.
Wenn Du ein Tier zeichnen müsstest, das Dich darstellt, welches wäre das?
Annika grinst: "Das ist leicht, weil ich gerade an einem kleinen eigenen Projekt arbeite, wo ich genau das gemacht habe, ein Eichhörnchen! Ein bisschen hektisch, chaotisch. Legt Dinge irgendwo hin und vergisst es...."
Ein Chipmunk oder eher Ice Age Style, wie soll ich es mir vorstellen?
"Nee, eher wie bei Sponge-Bob, das Karate-Eichhörnchen....", sie lacht.
Farbenfroh hatte sie sich vorher gewünscht, deshalb wollte ich es genauer wissen.
Von Deinen Projekten ging es von JUICY FRUIT im Comicstyle über TRIQUETA verspielt zu MOORLAND plakativ. Was ist denn Dein Style oder ist das Deine aktuelle Entwicklung?
"JUICY FRUIT war das erste Projekt, in der Pandemie ohne persönliches Treffen, mit vielen Vorgaben des Verlags. Ich war sehr aufgeregt und wollte kein Risiko eingehen. Dann bei SAVANNAH PARK war großer Zeitdruck, denn eigentlich war es ein abstraktes Mandalaspiel, doch dann wünschten sich der Autor Michael Kiesling und die Redaktion etwas realistischeres mit Natur und Tieren und ich musste kurzfristig umbauen. Im Nachhinein bin ich eher unzufrieden mit mir aber damals musste es eben fertig werden.
Dagegen mag ich TRIQUETA vom Cover am liebsten Und bei 5TOWERS hatte ich den meisten Spaß beim Zeichnen"
Das kann ich gut verstehen! Wer liebt nicht die kleinen Ewocks? Und es gibt keine Spielerunde, wo das Metaspiel nicht im Laufe der Partien in den Fokus rutscht.......
Im ersten Halbjahr 2024 war MOORLAND eines meiner meistgespielten und geliebten Titel. Wodurch bist Du animiert worden den Spielablauf und die Endwertung mit auf die Playerboards zu setzen?
"MOORLAND war ganz lange in der Entwicklung, ich war noch Freelancer bei DEEP PRINT GAMES, und Cover und Playerboard waren noch nicht erstellt. Nach fast 2 Jahren Entwicklung kam ein neuer Redakteur dazu, der sich das so wünschte. Mir gefiel der Gedanke, dass so alles seinen Platz hat."
Für mich schafft es eine tolle Brücke vom Familien zum Kennerspiel, schiebe ich kurz ein.
"Ja, ursprünglich gab es einen Koop und einen Solomodus, aber das hätte die Entwicklung komplett gesprengt. Leider ist das Spiel in der Szene etwas untergegangen, vielleicht ist das Thema nicht sexy genug...." Da kann ich nur zustimmen: Sehr schade, es ist ein tolles Spiel und den Solomodus will ich haben!!!!
"Toll war, dass wir ein Kick-off Meeting im Schwarzen Moor in der Rhön mit Autor, Redaktion und Guide hatten. Während Peter (Anm. Eggert) ihn bei der Führung gelöchert hat, konnte ich alle Referenzfotos machen, inklusive Eidechse! Das war toll!" Man hört Annikas Begeisterung ganz deutlich heraus, sie lächelt bei der Erinnerung.
Mit 10 Jahren wolltest Du Spieleerfinderin werden. Hast Du es Dir so vorgestellt, wie Du heute bist, lebst und arbeitest?
"Also, ich habe ganz früh schon Spiele für meinen kleinen Bruder erfunden, z.B. für Geburtstagspartys.... Da wusste ich gar nicht, dass das ein richtiger Beruf ist.
Zuhause haben wir immer viel gespielt und dann habe ich in einem Schulbuch von ihm gelesen, dass es den Beruf der Illustratorin gibt. Da ist der erste Berufswunsch entstanden. Dass beides jetzt zusammen gekommen ist, hat lange gedauert. Mir war nicht klar, ob man damit wirklich genug Geld zum Leben verdienen kann.
Mit 24 hab' ich mich dann selbstständig gemacht und weiter darauf hingearbeitet."
Da hast Du recht viel Ausdauer bewiesen, jetzt bist Du Illustratorin, Redakteurin und Grafikerin oder sogar bald Autorin.
"Ja, aber Redakteurin immer weniger dafür rutsche ich immer mehr ins Marketing. Das mache ich sehr gerne." , sie lächelt wieder verschmitzt.
" Ich hoffe, dass ich in der Spielebranche bleiben kann. Momentan habe ich das ganz große Glück, dass ich bei uns im Verlag sehr gewertschätzt werde und wenn etwas nicht passt, gibt es immer die Option meinen Job anzupassen.
Ich brauche Abwechslung, deshalb war ich auch selbstständig. Jetzt habe ich den Luxus, dass ich immer gucken kann, was interessiert mich am meisten und meine Chefs machen es möglich, dass ich daran arbeiten kann.
Was mich besonders interessiert und wo ich mich noch weiterbilden will, ist Barrierefreiheit von Spielen und in der Spielgestaltung. Dazu gibt es noch viel zu wenig Recherche oder Studien, nicht nur Sehschwächen auch Sprachbarrieren.
Zum Beispiel:
Wann macht Sprache, wann Symbolik Sinn?
Wie haptisch muss ein Spiel sein?
Welche Gruppen schließt man aus bei der Entscheidung zu einem?
Das interessiert mich sehr und ich hoffe, dass ich in diese Richtung und im Nachhaltigkeitsbereich noch mehr bewegen kann."
So endet ein sehr sympatisches Interview und ich bin mir sicher, dass Annika ihren Weg weiter so gehen wird und wir uns alle zukünftig auf tolle und vorallem durchdachte Projekte freuen können. Denn Spielen ist tatsächlich nicht nur ein Zeitvertreib, sondern Kommunikationsmittel, fordert uns auf Kompromisse zu schließen und lässt uns kreative Lösungsansätze finden.
TOI TOI TOI!
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